Samstag, 21. Dezember 2024

Keine neuen Atomkraftwerke nach Fessenheim!

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(c) mitwelt.org


 

Die beiden Reaktoren des altersschwachen französischen AKW in Fessenheim wurden nach langen Kämpfen am 22. Februar 2020 und am 29. Juni 2020 endlich abgeschaltet. Mehrheitlich war die Freude in der von einem möglichen Unfall bedrohten, trinationalen Region am Oberrhein groß. Doch in dieser Freude und Erleichterung wurde eine wichtige Frage nicht gestellt: die Frage nach dem verbindlichen, dauerhaften Verzicht auf den Neubau eines zukünftigen AKW am Kraftwerksstandort am Rhein. Einen offiziellen, langfristigen Verzicht auf den Kraftwerksstandort Fessenheim am Rhein hat es nie gegeben.

Am 10. April 2022 findet der erste Wahlgang der französischen Präsidentschaftswahlen statt. Nicht nur eine zukünftige rechtspopulistische französische Regierung könnte den Kraftwerksstandort Fessenheim jederzeit wieder aus der Schublade holen.

Der Technokrat und wirtschaftsliberale Präsident Macron setzt auf die vermeintliche "Wunderwaffe" Atomkraft im verloren gehenden Krieg gegen Mensch, Klima, Umwelt und Natur. Macron hat den Bau von bis zu 14 neuen Atomreaktoren angekündigt. Von 2035 bis 2050 sollen sechs Reaktoren der «neuen» Generation ans Netz gehen, sagte Macron im Februar 2022. Er möchte auch eine Gefahrzeitverlängerung für die jetzt schon überalterten AKW, wenn möglich über 50 Jahre hinaus.

Der rechtsextreme Publizist Éric Zemmour und die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen stehen uneingeschränkt für die Verbindung von Macht, Atomkraftwerken und französischen Atomwaffen. Marine Le Pen hat im November 2021 sogar die Wieder-Inbetriebnahme des im Abbruch befindlichen AKW Fessenheim gefordert und rechte Parteien im Elsass unterstützen diesen Vorschlag. Allerdings ist der Abriss der beiden Reaktorblöcke weit fortgeschritten und eine Reparatur der altersschwachen Atomkraftwerke unbezahlbar. Rechtspopulisten haben allerdings ein feines Gespür, wenn es darum geht, Menschen grenzüberschreitend gegeneinander auszuspielen und sie ziehen ihre Kraft aus solchen, auch inszenierten, Konflikten.

Der (Kühl-)Standort am Rhein im Osten Frankreichs spräche aus Sicht des fast bankrotten französischen Energieversorgers durchaus für ein neues AKW in Fessenheim, wenn Klimawandel und sinkende Rheinwasserstände hier nicht einen Strich durch die Rechnung machen. Die Gefahren neuer Atomreaktoren, die Erdbebengefahr im Rheingraben, die enormen Kosten und der zu erwartende massive trinationale Protest an diesem Standort sprechen gegen ein neues AKW. Wer eine alte-neue Hochrisikotechnologie politisch durchsetzen will und aus den massiven Protesten in Wyhl, Fessenheim, Plogoff und Mallville gelernt hat, baut nicht in einer Protestregion.

Der einzige Europäische Druckwasserreaktor (EPR), der aktuell in Frankreich überhaupt gebaut wird, geht frühestens 2024 ans Netz - mit zwölf Jahren Verspätung und er wird nahezu sechsmal so teuer wie geplant. Rentabel arbeiten wird er nie. Die beiden in China gebauten EPR zerlegen sich gerade. Die Geschichte der französischen Atomkraft ist keine Erfolgsgeschichte, sondern eine Geschichte von Schulden, Pleiten, Pech und Pannen. Das sagt nicht nur die Umweltbewegung, sondern auch der langfristige Aktienkurs der EDF. Die Schulden der französischen Atomwirtschaft und zunehmend marode AKW drohen den Staat in den finanziellen Ruin zu treiben.

Die internationale Atomlobby war nach den vielen Opfern der "zivilen" Nutzung der Atomkraft, nach Fukushima und Tschernobyl für kurze Zeit ein wenig in Deckung gegangen. Aufgegeben hat sie nicht. In Frankreich ist das "atomare Dorf", -die alten mächtigen Seilschaften aus Konzernen, Lobbyisten, Technokraten und Atomparteien- sehr lebendig und eng mit der Atomstreitmacht, der Force de frappe verbunden.

Der Europäische Druckwasserreaktor EPR und neue kleine Thorium-Reaktoren bringen neue Gefahren und Atommüll, der eine Million Jahre strahlt. Mit dem vorgeschobenen Klimaschutz-Argument werden nicht nur in Frankreich gefährliche neue Atomkraftwerke grüngewaschen. Warum setzen Technokraten wie Herr Macron auf eine gefährliche, teure Hochrisikotechnologie, wo es doch kostengünstige, umweltfreundliche, arbeitsplätzeschaffende Alternativen gibt, aus denen sich keine Atombomben bauen lassen? Woher kommt diese Unfähigkeit der Politik, aus alten Fehlern zu lernen? Hinter dem Traum der erneuerten Atomkraft steht die verzweifelte Hoffnung auf ein verschwenderisches und zerstörerisches weiter so, ein weiter so mit Überkonsum, Rohstoffverschwendung, Artenausrottung und auch mit zukünftigen Atomwaffen.

Eine rechtspopulistische französische Regierung wäre auch aus Liebe am Streit mit Deutschland mit großer Wahrscheinlichkeit für den Bau eines neuen AKWs in Fessenheim. Ein wirtschaftsliberaler Präsident wie Herr Macron sollte zumindest rechnen können...

Was wir dem entgegensetzen können und sollen ist eine Fortsetzung der guten, erfolgreichen, trinationalen Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg. Ein Europa der Menschen, das wir seit bald 50 Jahren, seit den frühen Protesten in Marckolsheim,Wyhl und Kaiseraugst, praktizieren.

Axel Mayer, Vizepräsident im Trinationalen Atomschutzverband TRAS, Mitwelt Stiftung Oberrhein, (Alt)BUND-Geschäftsführer am Oberrhein
Claude Ledergerber, Vizepräsident Association Trinationale de Protection Nucléaire, Comité pour la Sauvegarde de Fessenheim et de la Plaine du Rhin
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Eintrag vom: 14.02.2022