© Landesarchiv Ba-Wü, Abt. Staatsarchiv Freiburg, Foto: Willy Pragher
Augustinermuseum zeigt ab Samstag, 23. Juli eindrucksvolle Bilder eines Pressefotografen
Die Schwarz-Weiß- und frühen Farbfotografien des Bildjournalisten Willy Pragher (1908–1992) erzählen vom Leben der 1950er bis in die 1980er Jahre – historisch aufschlussreich und unterhaltsam. Im Haus der Graphischen Sammlung ist ab Samstag, 23. Juli eine Auswahl von 71 Aufnahmen zu sehen. Die Ausstellung „Typisch!? Freiburg und die Region in Fotos von Willy Pragher“ ist in Kooperation mit dem Landesarchiv Baden-Württemberg, Abteilung Staatsarchiv Freiburg, entstanden, das Praghers Nachlass besitzt. Sie läuft bis zum 16. Oktober.
Typisch oder nicht? Am Münsterplatz gibt’s heiße Würste für 70 Pfennig, Studierende protestieren auf der Kaiser-Joseph-Straße, Menschenmassen strömen zum Schlussverkauf in die vollen Kaufhäuser, eine Schafherde grast vor der Stadthalle, im Bächle spielen kleine Kinder und der Schauinsland wird zur Autorennstrecke. Was hat sich über die Jahrzehnte verändert? Was ist heute noch typisch Freiburg? Können Momentaufnahmen stellvertretend für Zeit- und Stadtgeschichte stehen? Die Schau lädt dazu ein, Praghers Fotos unter diesem Blickwinkel auf sich wirken zu lassen.
Es begann 1926 mit dem Fotoapparat seines Vaters – Willy Pragher, 1908 in Berlin geboren, lichtete fortan alles ab, was ihn interessierte. In den 1920er und 1930er Jahren waren das vor allem städtebauliche und verkehrstechnische Entwicklungen Berlins und das Varieté. Von Anfang an sortierte er seine Fotos, am Ende rund 250.000, fein säuberlich in thematische Ordner und verzeichnete sie akribisch mit Titel, Datum und fototechnischen Details. Er absolvierte eine Ausbildung in Satz-, Druck- und Reproduktionstechnik. Nebenbei entwarf er Reklame für verschiedene Firmen, Institutionen und Veranstaltungen wie etwa Plakate für den Berliner Zoo.
Nach dem Krieg kam er nach Freiburg. Er fotografierte feierliche Anlässe, aber insbesondere städtebauliche Veränderungen und den Alltag der Menschen. Dabei beschränkte er sich nicht auf den Stadtkern und wählte nicht nur die touristische Perspektive. Vielmehr dokumentierte er Freiburg in allen Facetten: die Stühlinger Brücke am Bahnhof oder nüchterne Hochhäuser am Moosweiher in Landwasser. Er tauchte in unterschiedliche Lebenswelten ein. Seine Fotos zeigen eine Bandbreite, die vom bürgerlichen Ostersonntagsspaziergang der frühen fünfziger Jahre bis hin zu Kritik gegen den Zölibat auf dem Katholikentag 1978 reicht. Vor allem das Universitätsmilieu mit seinen Studierenden und Lehrenden interessierte ihn.
Schon die kleine Bildauswahl zeigt ein Nebeneinander von Konsens und Konflikten. So werden an Fasnet gemeinsam böse Geister vertrieben, während es gegen das geplante Atomkraftwerk in Wyhl lautstrakte Kundgebungen gibt. Auch Stadt und Land werden häufig als Gegensatzpaar gesehen. Begriffe wie Fortschritt, Betonwüste oder Kommerz auf der einen und Rückständigkeit, Naturidylle oder traditionelle Landwirtschaft auf der anderen Seite prägen diese Vorstellung. Auf den ersten Blick scheinen Praghers Bilder solch vorschnelle Urteile zu untermauern. Bei näherer Betrachtung allerdings verschwimmen die vermeintlichen Gegensätze. Wo beginnt das Land und wo endet die Stadt?
Das Haus der Graphischen Sammlung im Augustinermuseum, Salzstraße 32/34, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr und freitags bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 5 Euro, ermäßigt 3 Euro. Für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unter 27 Jahren, Mitglieder des Freundeskreises und mit Museums-PASS-Musées ist der Eintritt frei.
zum Bild oben:
(c) Augustinermuseum – Haus der Graphischen Sammlung, Ausstellung „Typisch!?“, „Ich bin ein Esel, ich wähle nicht“, Wahlpropaganda zur ASTA-Wahl vor der Universität, 20. Juli 1954, © Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Freiburg, Foto: Willy Pragher